Kunst und Architektur
„Das Exerzitienhaus in Leitershofen, errichtet in den 1960er Jahren, lädt in seiner Verbindung aus seiner Architektur der Klassischen Moderne, der umgebenden Parklandschaft und den vielfältigen künstlerischen Akzenten zur spirituellen Vertiefung ein. Es wirkt wie ein modernes Kloster auf Zeit.
Das Ensemble, das man durchaus als ein geistlich-architektonisches Gesamtkunstwerk bewerten kann, ist der Förderung von Bischof Freundorfer (+1963) und dem Architekten Thomas Wechs (1893-1970) zu verdanken, die es mit ihrem herausragenden Einsatz zu einem besonderen Ort werden ließen. Daher steht es heute zu Recht unter Denkmalschutz, wobei nicht zuletzt die jüngste Sanierung bewiesen hat, dass dieses Haus in seiner Konzeption und Gestaltung zu unserer heutigen Zeit noch immer hervorragend passt.“ (Dr. Michael Schmid, Diözesankonservator, in: Exerzitienhaus St. Paulus in Leitershofen, Kunstverlag Josef Fink: 2018, S.24-25.)
Architektur
Nach einem Beschluss der Deutschen Bischofskonferenz zur Verbreitung von Laien-Exerzitien 1957, wurden in vielen deutschen Bistümern Exerzitienhäuser gebaut. In Augsburg wählte man mit Thomas Wechs einen Architekten, der für zwei große Wohnanlagen der Augsburger Wohnungsbaugesellschaft im Stil des Neuen Bauens Ende der 1920er Jahre bekannt war und seitdem zahlreiche Kirchenneubauten in Augsburg und Schwaben realisiert hatte. Für das Exerzitienhaus, das sein Spätwerk wird, nimmt er die Formensprache des Bauhaus-Stils wieder auf und gibt ihr drei theologische Ideen mit.
Die Gottesburg
Die Idee der Gottesburg erschließt sich beim Herannahen an das im Hang liegende, mehrgeschossige und über einige Treppen zu erklimmende Gebäude wie von selbst. Ein von der Welt und ihrer Geschäftigkeit abgetrennter, geschützter Bereich für Stille und Einkehr.
Ein modernes Kloster
Wie ein modernes Kloster soll das Exerzitienhaus mit seinem an einen Kreuzgang erinnernden Innenhof wirken. Doch wenn sich die Mauern nach außen hin eher klösterlich geschlossen zeigen, so öffnen sie sich umso mehr zur Parkseite hin. Große Panoramascheiben bringen Licht ins Innere des Hauses und sorgen für eine fließende Verbindung von innen und außen, von Natur und Behausung.
Eine dritte Idee, die sich baulich vor allem in der Hauskirche des Exerzitienhauses ausgedrückt findet, ist das Schiff. Das Schiff ist ein altes christliches Symbol für das gemeinsame Unterwegssein im Meer der Zeit. So ist das Haus von weit erkennbar an seinem charakteristischen, einem Schiffsmast nachempfundenen Kirchturm und die Symbolik setzt sich fort in den wie Segel geschwungenen Dachreitern, unter denen sich im Innern der Kirche das Quertonnengewölbe mit bullaugenförmigen Fensteröffnungen aufspannt. Von außen entsteht – unterstützt durch hohe Fensteröffnungen und weiße Fassadenelemente – die Anmutung eines stilisierten modernen Überseeschiffs.
Kunst
Kunstwerke im Haus
Zur Abrundung des Gesamtkunstwerks Exerzitienhaus gehörte bereits in der Planung der Aspekt Bildende Kunst, sowohl im Bereich Kunst am Bau, als auch bezüglich Ankäufen von Gemälden und bildhauerischer Arbeiten. So befindet sich vor den Eingangsstufen des Gebäudes eine Paulus-Statue von Josef Henselmann (1898-1987) und im Innern eine ebenfalls dem heiligen Paulus gewidmete Bronze-Säule von Max Faller (1927-2012). Die Hauskirche beherbergt ein spätromanisches Kreuz aus dem 13. Jahrhundert und Mosaikarbeiten von Professor Georg Bernhard (*1929). Ein großes Gemälde des Münchener Akademieprofessors Franz Nagel (1907-1976) mit kubistischen Einflüssen im Treppenaufgang zeigt die apokalyptischen Wesen; ebenso von Franz Nagel stammen die Wandmalereien in der Kapellenapsis des Petrussaals.
Im Park des Exerzitienhauses verläuft ein überdachter Kreuzweg mit Betonreliefs des Landshuter Bildhauers Karl Reidel (1927-2006). Die anschließende Auferstehungskapelle ziert wiederum ein Glasfenster von Georg Bernhard. Auch einige Heiligendarstellungen des frühen Wolfgang Lettl (1919-2008) sowie weiterer regionaler Künstler finden sich im Exerzitienhaus.
Kunst und Spiritualität
Das Exerzitienhaus ist ein architektur- und kunstgeschichtlich geprägter und bedeutender Ort. Zugleich dient die Architektur durch klare Linien und reduzierte Farbigkeit der Bestimmung des Hauses, Raum für die innere Einkehr des Menschen zu eröffnen. Da Kunst seit jeher ein starkes Ausdrucksmittel für die inneren Bewegungen des Menschen ist, will das Exerzitienhaus als geistlicher Ort auch ein Ort für Kunst sein.
Vor ästhetisch ansprechender Kulisse präsentiert das Exerzitienhaus daher zweimal jährlich Ausstellungen zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler. Die Auswahl folgt dabei konzeptionellen Überlegungen des Teams des Exerzitienhauses. Solche Überlegungen können ausgehend von den Grundfragen des Menschseins sein: Gesellschaftliche oder politische Relevanz (Frühjahr 2023: Danylo und Yaryna Movchan, Ukraine), Sozial-karitative Themen (Herbst 2023: Lilian Moreno Sánchez), Unterstreichung des theologisch-inhaltlichen Programms (Frühjahr 2024: Nina Lamiel Bruchhaus zum Jahresmotto „Resonanz“ des Exerzitienhauses), allgemeine oder konkrete philosophische, literarische, spirituelle Themen (Herbst 2022: Andrea Dresely „Freiraum für Freiheit“).